Die Blase rund um generative Künstliche Intelligenz (KI) wird platzen, ist Investorin Sophie Lamparter überzeugt und sieht dies als natürliche Entwicklung an. Die Automatisierung gehe weiter und mache deren Energiehunger zum entscheidenden Treiber für erneuerbare Energien und Klimatechnologien.
(CONNECT) Venture Capital Investoren leben, genau wie die Start-ups, die wir unterstützen, in der Zukunft. Wir investieren heute in das, was in fünf bis zehn Jahren Realität werden soll. Manchmal liegen wir richtig, öfter nicht. In den letzten Jahren drehte sich diese Zukunft ganz um KI. Seit dem ChatGPT-Moment hat jeder einen Vorgeschmack auf das bekommen, was kommt. Doch der Hype ist so gross, dass viele jetzt die gleiche Frage stellen: Wann wird die Blase platzen?
Die KI-Bubbles
Einige Leute denken schon länger, dass KI eine Blase ist. Seit dem Circular-Oracle-Deal diesen Sommer gibt es unterdessen eine Bubble, die von der „KI-Bubble“ spricht. Als OpenAI, der Hersteller von ChatGPT, sich verpflichtete, 10 bis 15 Milliarden US-Dollar für Oracles Cloud-Dienste zu zahlen, obwohl weder das Geld noch die Rechenkapazitäten vorhanden waren, entstand ein finanzieller Kreislauf, der Bewertungen künstlich aufblähte und zeigte, wie überhitzt der aktuelle KI-Boom ist. Und da Berichten zufolge OpenAI bei jedem einzelnen mit der Sora-App generierten Video fünf Dollar verliert, fragen sich viele, wie lange das noch gutgehen kann.
Jeder Hype-Zyklus folgt einem bekannten Muster: überhitzte Erwartungen, gefolgt von einer Korrektur. Ich bin im Lager „Die KI-Bubble wird platzen, aber es wird nicht so schlimm sein“. Die Korrektur wird gesund sein, nicht katastrophal. Sie wird das Rauschen beseitigen und Raum für das schaffen, was wirklich wichtig ist. Lassen Sie mich meine Gedanken kurz einordnen.
Wir sind weit entfernt von AGI
Eine KI, die wirklich tun kann, was Menschen können oder sogar besser, auch als Artificial General Intelligence oder Superintelligenz bezeichnet, bleibt ein ferner Traum oder Albtraum – je nachdem, wen man fragt. Jeder ChatGPT-Nutzende weiss das, und Roboter können kaum einen Kühlschrank öffnen oder Ihre Wäsche zusammenlegen. Was wir heute haben, sind Large Language Models, grosse Sprachmodelle und generative Tools – sehr nützlich, aber begrenzt. Sie machen einige von uns 10 bis 20 Prozent schneller, aber sie ersetzen noch nicht 20 bis 30 Prozent der Arbeitskräfte. Es sind Werkzeuge, es sind grossartige Assistenten für repetitive Aufgaben, aber sie können nicht denken.
„Curiosity Revenue“ ist real
Auch Unternehmen haben das erkannt. Nach der anfänglichen Euphorie zeigen Daten des US Census Bureau, dass die Adoptionsraten sinken. Jeder sollte KI integrieren, aber die Realität holt alle ein. Bei einem kürzlichen Pitch Day in San Francisco bei der grössten Venture-Capital-Firma der Welt, Andreessen Horowitz, sah ich vierzig KI-Start-ups von KI für Bereiche wie die Beratung, Bankenwesen, Bergbau, Video und sogar christliche Gemeinschaften. Die meisten erzielen in den ersten Monaten bereits rund eine Million Dollar Umsatz, beeindruckend und absurd zugleich. Wie viele von ihnen wird es nach dem „Curiosity Revenue“ noch geben? Die meisten werden verschwinden, fusionieren oder von grösseren Playern übernommen.
Dort investieren, wo echte Wirkung entsteht
Um korrekt zu sein, müsste man diesen Moment als „Generative KI-Bubble“ bezeichnen und vom breiteren Feld des Machine Learning unterscheiden. Die wirkliche Wirkung entsteht in vertikalen KI-Anwendungen, die es schon lange vor ChatGPT gab und die auch danach bestehen werden. In der Medizin bedeutet das bessere Diagnosen und personalisierte Behandlungen. In der Industrie vorausschauende Wartung. Im Klimabereich, intelligente Energieoptimierung, Frühwarnsysteme und Klimavorhersagen. Dies sind die Anwendungen, die immer wichtiger werden, weil sie echte Probleme lösen. Genau dort investieren wir mit VitaminºC.
Hype, dann Fortschritt
Ein hilfreicher Vergleich könnte die Dotcom-Ära sein. Die Bewertungen waren absurd. Unternehmen wie Pets.com hatten keine echten Umsätze, gingen an die Börse und kollabierten, aber sie ebneten den Weg für Internet, E-Commerce, soziale Medien und viele der heute erfolgreichsten Technologieunternehmen der Welt wie Amazon und Google. Ähnliches wird mit KI passieren, nur in einem schnelleren Tempo. Selbst wenn Open.ai, andere Hyperscaler und einige Start-ups stolpern, ist das Fundament gelegt und die Automatisierung wird weitergehen. Rechenleistung wird billiger und effizienter. Die Technologie verschwindet nicht, sie entwickelt sich weiter.
Der eigentliche Engpass sind Megawatt und das Stromnetz
Ein weiteres Problem ist, dass KI noch zu teuer ist und ihr Energiehunger enorm ist. Blackstone prognostiziert, dass Elektrifizierung und der durch Rechenzentren angetriebene KI-Boom den globalen Strombedarf bis 2030 um 40 Prozent erhöhen und Investitionen von 1,4 Billionen US-Dollar benötigt werden. Wenn wir mit KI und Robotik Erfolg haben wollen, müssen wir jetzt in erneuerbare Energien und intelligente, flexible Stromsysteme investieren.
Es braucht meiner Meinung nach drei Dinge:
- Erneuerbare Energien flächendeckend implementieren. Solar, Wind und Wasser haben die Preisparität erreicht oder sogar sogenannte Green Discounts und sind einfach die besseren Energiequellen. China läuft bereits zu mehr als fünfzig Prozent auf erneuerbare Energie, während die USA wieder stärker auf Kohle setzen. Europa hat die Chance, die Führung wieder zu übernehmen.
- Unsere Netze flexibel und intelligent gestalten. Energieversorger planen immer noch für Spitzenlast, obwohl im Durchschnitt nur etwa 40 Prozent ihrer Kapazität tatsächlich genutzt werden. Unternehmen wie Base Power in Texas zeigen, wie dezentrale Energie das ändern kann. Sie verkaufen Heimbatteriesysteme und bieten Strom unter Marktpreis mit eingebautem Ausfallschutz.
- In neue Technologien investieren und sie auf den Markt bringen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass 30 Prozent der Technologie, die zur Erreichung des Netto-Null-Ziels benötigt wird, noch in Labors ist.
KI und Klimawandel auf der Überholspur
Während die zunehmende Geschwindigkeit des globalen Temperaturanstiegs den wissenschaftlichen Prognosen folgt, wurden die Auswirkungen auf das Erdsystem bisher weitgehend unterschätzt.
Um nur zwei Beispiele zu nennen: In verschiedenen Teilen der Welt haben Wälder begonnen, sich von CO2-Senken in CO2-Quellen zu verwandeln – verursacht durch Dürren, steigende Temperaturen und grossflächigen Waldverlust. Zudem befürchten Expertinnen und Experten einen endgültigen Zusammenbruch der meisten tropischen Korallenriffe infolge steigender Meerestemperaturen und zunehmender Versauerung. Gleichzeitig werden Hitzewellen, Waldbrände, Überschwemmungen und Stürme immer intensiver und häufiger, was Gesellschaften und Volkswirtschaften stark belastet. Diese schnellen Veränderungen werden wachsenden politischen Druck erzeugen, auf den der Privatsektor reagieren muss.
Erneuerbare Energien und Klimatechnologien sind nicht länger nur Investitionsthemen, sie sind das Fundament der nächsten Wirtschaft. Sie werden immer wichtiger und lukrativer. Die grösste Herausforderung unserer Zeit ist zugleich auch unsere grösste Chance.
Sophie Lamparterist Mitbegründerin der beiden Venture-Capital-Unternehmen DART Venturesund VitaminºC, mit Teams in San Francisco und Zürich. VitaminºC ist ein €50M Early-Stage Venture Fund, der in Climate Tech für Mitigation und Adaptation investiert. Sie setzen auf Technologien mit dem Potenzial, innerhalb von fünf Jahren jährlich mehr als 100.000 Tonnen CO2 zu vermeiden oder zu entfernen. Sie verbinden europäisches Impact Investing, Silicon-Valley-Scaling und Team-Building-Expertise. Zuvor war sie stellvertretende CEO von swissnex San Francisco. Sophie Lamparter wurde dreimal zu einer der 100 Digital Shapers der Schweiz gekürt und arbeitet als Expertin für die Europäische Kommission.
